Frühstücksbrote

Nach dem letzten Beitrag fragen sich sicher einige, wie denn meine Schulzeit verlaufen ist, dass ich solch harte Bandagen bekommen habe. Nun meine Schulzeit in Hürth in der Grundschule verlief….wie soll ich es ausdrücken…nicht ganz reibungslos.

Meine Mutter musste meinen 5 Jahre jüngeren Bruder versorgen und dementsprechend musste ich nach einmaliger Begleitung jeden Morgen alleine zur Schule gehen und auch wieder zurück. Wäre die Schule so schlau gewesen einen zweiten Ein- und Ausgang hinter der Schule am Zaun zu unserem Wohngebiet einzurichten, wär ich in ein paar Minuten in der Schule gewesen. So jedoch dauerte dieser „Rundwanderweg“ satte 20 Minuten.

Jeden Morgen musste ich durch die Durchfahrsperre den Schulhof betreten und freute mich auf den neuen Schultag…..bis er mir begegnete. Ich weiss nicht, wie er mich entdeckt hat und warum er der Meinung war, ich sei ein geeignetes Opfer…..doch die Wahl seiner Ausbeutungsversuche fiel nunmal auf mich.

Meine Mutter machte mir jeden Morgen ein Brot und gab mir einen Apfel mit in einer schönen Brotdose. In der Schule bekamen wir Milch oder Kakao dazu. Die Brotdose hatte ich sicher verstaut in meinem schönen Ranzen und stiefelte wie jeden Morgen Richtung Schule. Von weitem konnte ich an diesem Morgen einen sehr großen blonden Jungen sehen, den ich mit den Schülern aus einer vierten Klasse mal auf dem Schulhof gesehen hatte. Er war also ein Viertklässler und kein I-Dözchen wie ich. Der Blondschopf stand an der Durchfahrsperre zum Schulhof und zuerst mal dachte ich, der wartet auf einen Freund.

Pustekuchen. Der wartete auf mich. Er versperrte mir den Weg, sah gehässig auf mich runter. „Gib mir dein Pausenbrot sonst verhaue ich dich.“ Ich sah ihn trotzig an und meinte: „Das ist mein Pausenbrot, lass dir von deiner Mutter eines machen.“

Ich wollte mich an ihm vorbeischieben, doch er stellte sich mir in den Weg und gab mir eine Ohrfeige. Mein Gesicht brannte und mit Tränen in den Augen gab ich ihm mein Brot. Den Apfel nahm er mir nicht weg. Das war nur Obst. Dann ließ er mich vorbei.

Den ganzen Tag über konnte ich mich in der Schule kaum konzentrieren. Ich überlegte krampfhaft, ob das eine einmalige Geschichte sein würde oder ob das jetzt öfter passieren würde. In der Pause suchten meine Augen nach ihm und ich hielt mich weitestgehend von ihm fern. Aber ich merkte, dass er mir nachsah.

Das schien nicht so lustig zu werden hier in der Schule.

Von diesem Tag an wurde das eine Wiederholungsgeschichte. Jeden Morgen wartete der Blonde auf mich an der Durchfahrsperre, verlangte mein Brot und knallte mir eine, wenn ich das nicht freiwillig rausrückte.

Nach einem Monat wurde mir das echt zu blöde. Ich suchte hinter der Schule nach einem anderen Weg, fand ein Loch im Zaun, kletterte da durch und schon stand er wieder vor mir und verlangte mein Frühstück.

Ich wär wahrscheinlich ewig ohne Frühstück in der Schule geblieben, wenn mir nicht nach drei üblen Monaten der Gedanke gekommen wäre, dass das so einfach nicht weiter gehen konnte. Inzwischen hatte ich eine heftige Abneigung gegen blonde Jungs entwickelt, die sich übrigens bis über meine Teenagerzeit gehalten hat (keiner meiner Freunde war jemals blond). 😂

Eines Morgens wachte ich auf, ich war wütend. So wütend, dass ich mir meinen Ranzen über die Schulter warf und meine Mutter mir erschrocken hinterher sah.

Ich stampfte zur Schule. Es reichte mir endgültig.

Ich kam vor dem Schulhof am Parkplatz an und da sah ich ihn schon, dieses häßliche blonde Dickerchen, der wieder an der Durchfahrsperre wartete um mein Pausenbrot zu kassieren. Mir war klar dass ich ewig weglaufen musste, wenn ich das Problem nicht alleine bewältigt bekam. Ich hatte keine Lust mehr von diesem Idioten malträtiert zu werden. Also ging ich auf ihn zu. Ich sah nicht mehr zu Boden, ich blickte ihm in die Augen während ich auf ihn zuging.

„Los, gib mir dein Brot“, sagte er.

„Nein“, meinte ich nur. Ich trug meinen Ranzen auf dem Rücken. Er kam auf mich zu und ich sprang an ihm hoch, wickelte meine Beine um seine Hüfte und griff in seinen blonden Haarschopf und bekam ein ganzes Haarbüschel zu greifen. Mit der anderen Hand verstärkte ich meinen Griff und liess mich mit meinem ganzen Gewicht runter auf den Boden fallen ohne sein Haarbüschel loszulassen. Das hatte ich dementsprechend dann auch noch in den Händen als ich am Boden lag und hörte, wie der Blonde vor Schmerz winselte. Ich schüttelte die blonden Überreste seines Haarbüschels auf den Boden, streifte meine Hände an meinem Rock ab und sagte: „Lass mich durch.“

Winselnd und mit einer 5-Mark-Stück großen kreisrunden Wunde am Kopf und blutend ließ er mich durch. Das war das letzte Mal, dass mir irgendwer mein Pausenbrot abgezogen hat. Er hat mich übrigens bis zum Ende seiner Grundschulzeit auf dem Schulhof immer gemieden. Ich denke er hat seine Lektion gelernt….so wie ich meine. 😂

Ja, es hätte vielleicht geholfen die Erwachsenen um Hilfe zu bitten. Aber zu dem Zeitpunkt hatten Eltern noch nicht diese Helikopter-Ideologie. Da musste man sich selbst durchwurschteln. Wenn du Prügel bekommen hast, dann hieß es einfach: „Wehr dich.“ Das habe ich getan.

Danach war ich jedenfalls davon überzeugt, dass ich mir selbst helfen konnte und das war gut so.

Gewalt in der Grundschule meiner Tochter

Ein Thema, das viel zu oft verschwiegen und noch häufiger verharmlost wird. Heute erzähle ich euch eine Begebenheit an der Grundschule meiner ältesten vier Töchter, das ist jetzt ca. 24-25 Jahre her. Die Namen der Beteiligten habe ich bewusst verändert, damit mich nicht nachher einer verklagt. Die beteiligten Personen werden sich sicherlich in den Schilderungen wiedererkennen 🤣

Meine Älteste muss in der zweiten bis dritten Klasse einer Grundschule im Rhein-Erft-Kreis gewesen sein. Diejenigen, die mich kennen wissen welche Schule ich meine. Meine Tochter kam weinend am Mittag nach Hause. Es war Betreuung von 8-13 Uhr und ich wunderte mich schon dass sie so spät kam. Sie trödelte immer ein bisschen aber das war heute deutlich mehr Trödelzeit.

Conny erzählte mir, dass in der Schule ein marokkanischer Junge namens Rotzlöffel (du weisst dass du gemeint bist R.) ihr in der Klasse eine Plastiktüte über den Kopf gezogen hat und ihr niemand geholfen hat. Sie bekam nur noch mit Mühe Luft, bis sie sich endlich befreien konnte.

Der Rotzlöffel bekam ein „Du-du-du“ von der Lehrerin Obergeduldig-Lustlos und das war dann auch der ganze Handlungsrahmen, zu der die Schule in der Lage war.🤬

Ich rief also in der Schule an und verlangte einen Termin mit dem Rotzlöffel, seinem Vater, meiner Tochter und mir vor der Schulleiterin Frau Überhauptnichtrespekteinflößend und bereitete mich seelisch darauf vor. Heisst, ich kochte auf ziemlich hoher Flamme bis zum Termin. Wenn ich koche, dann führe ich Selbstgespräche solange, bis ich das Thema ausreichend mit mir selbst diskutiert habe 😂

Ich bin bei Gewalt unter Kindern nicht freundlich, nicht geduldig und erst recht nicht christlich eingestellt. Ich wollte, dass das eine Konsequenz hatte und zwar eine, die der Bengel spürte.

Der Termin kam, ich ging mit meiner Tochter ins Büro der Rektorin, wo schon der Vater mit Rotzlöffel vor der Tür wartete und wir betraten gemeinsam das Büro und setzten uns an einen runden Tisch. Ich weiß nicht zu welchem Zeitpunkt die Menschen angefangen haben Angst zu bekommen vor Menschen mit Migrationshintergrund, mich nervt das nur. Dieses Gefühl kenne ich nicht und ich habe auch nicht vor mir dieses anzueignen.

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend schilderte etwas ängstlich, dass ich um diesen Termin gebeten hätte und ich ein Problem mit einer Auseinandersetzung unserer beiden Kinder hätte.

Ich fiel ihr ins Wort. Diese blümerante Umschreibung des Vorfalls gaben nicht im geringsten wieder, was ich empfand. Ich sah dem Rotzlöffel ins Gesicht und sagte ihm, dass ich sein Verhalten unmöglich finde, weil er meiner Tochter gegenüber gewalttätig war und ihr Leben riskiert hatte.

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend fuhr mir dazwischen, dass er das bestimmt nicht so gemeint hätte und es wäre ja nichts passiert. Ich blitzte sie an und meinte: „Das nix passiert ist, war aber nicht der Verdienst der Lehrerin sondern ist nur der Tatsache geschuldet, dass meine Tochter sich endlich befreien konnte, nachdem sie fast erstickt wäre.“

Ich sah den Vater vom Rotzlöffel an und sagte mit fester Stimme: „Ich hoffe für Sie, dass das der letzte Vorfall dieser Art war. Denn beim nächsten Mal, wenn ihr Sohn gegenüber meiner Tochter gewalttätig ist, dann komme ich und knalle Ihnen eine für jede Tat gegenüber meinem Kind. Und wenn ihnen das nicht reicht, dann kommt mein Mann, der ist LKW-Fahrer, mit der Zugmaschine in das Wohngebiet und fährt mal vorwärts-rückwärts über den schicken silbernen Mercedes, den sie fahren. Haben Sie das verstanden?“

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend schlug die Hände über dem Kopf zusammen und kreischte: „ Frau Heeg (so hieß ich damals noch) sowas können sie doch nicht sagen. Das sind Marokkaner, die haben Familien.“ Ihre Stimme hörte sich an wie eine verstimmte Violine.

Ich grinste sie funkelnd an: „Und wer sagt ihnen, dass ich keine Familie habe? Ich habe 11 Tanten und Onkel, 30 Cousins und Cousinen und mein Mann hat 5 Geschwister und eine noch größere Sippe. Woher wollen Sie wissen, mit wem Sie sich hier anlegen?“

Ich sah den Vater vom Rotzlöffel an der ebenso grinste und er meinte: „Ich werde mit meinem Sohn zuhause reden, das kommt nicht nochmal vor.“

Die beiden verliessen den Besprechungsraum nachdem wir uns angemessen und respektvoll die Hand zum Abschied gegeben haben.

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend sah mich erschrocken an und meinte dann, um mir noch einen verbalen Schlag zu versetzen: „Frau Heeg, ich bin entsetzt. Sie hätten sich so nicht verhalten müssen……Außerdem ist ihre Tochter…ein…ein…Opfertyp. Die zieht sowas an weil sie sich soooo verhält.“

Ich holte tief Luft und merkte, wie mir die Ader am Kopf anschwoll.

„Meine Tochter ist ein Opfertyp? Sie wollen damit sagen, dass sie selbst schuld ist, wenn ihr sowas passiert?“

Ich ging einen Schritt auf die Rektorin zu und meinte nur leise zischend: „Nun, ich glaube nicht, dass Sie den Wunsch haben nachzuempfinden, wie sich ein Opfer fühlt. Deshalb rate ich Ihnen zukünftig mit solchen Äußerungen über meine Tochter sehr vorsichtig zu sein. Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche Frau Überhauptnichtrespekteinflößend.“

Die Rektorin zuckte zurück und sah mich erschrocken an. Ich reichte ihr nicht die Hand. Mir war nicht danach. Ich war so wütend, ich war auf 180.

Ein paar Jahre später traf ich den inzwischen sehr hübschen Rotzlöffel im Gemeinschaftsschwimmbad der Wohnanlage und er meinte nur: „Mein Vater hat mir damals so den Ar….. versohlt, dass ich drei Tage nicht sitzen konnte.“

Das soll keine Anleitung dafür sein, mir das nachzumachen……es ist nun mal so geschehen. Wenn man solche Sprüche, wie ich, bringt…dann muss man sich darüber klar sein, dass man auch mal auf ein unbequemes Echo stossen kann und dabei vielleicht ein Veilchen riskiert. Das ist mir nie passiert…..obwohl mein Vater mich immer gewarnt hat, dass mir mal jemand begegnet, der mir eine reinhaut…..(bis heute noch nicht Papa) aber man geht das Risiko ein.

Bei mir hat es nur dazu geführt, dass es Menschen gab, die respektvoll grüßten, wenn sie mich sahen. Sowas macht halt schnell die Runde.

Was mich jedoch daran echt extrem geärgert hat, war die Tatsache, dass Gewalt in einer Grundschule geduldet wurde, damit die LehrerInnen sich selbst keiner Gefahr aussetzen mussten. Die haben nicht die Kinder beschützt. Da ging das Eigenwohl vor dem Gemeinschaftswohl.

Was ich daraus gelernt habe? Du darfst nicht zulassen dass deine Kinder Gewalt an Schulen erfahren. Du darfst das nicht verschweigen. Du musst dich mit aller Macht gegen Gewalt auflehnen. Immer, wenn ich sowas gemacht habe, haben danach Eltern ebenfalls Mut gezeigt und sich über Gewalt gegen ihre Kinder beschwert. Plötzlich hagelte es Anzeigen, weil ich vorgerannt bin und Anzeige erstattet habe. Man muss dabei nicht immer so ausfallend werden, wie ich an dem Tag vor 25 Jahren……ich habe auch später gelernt nicht gleich immer mit Gegengewalt zu drohen 😂

Lernen und Lehren

Wie ich meine ersten Lernerfahrungen machte und was dann in der Schule passierte

Eine meiner absoluten Lieblingstrainerinnen war Frau Vera F. Birkenbihl und ich bin froh, dass ich sie noch kennenlernen durfte, bevor sie gestorben ist.

Ihre Bücher habe ich verschlungen und durch ihre Lernmethode mein Wissen in einer unfassbaren Geschwindigkeit erweitert und das ohne Druck, ohne Stress und ohne das ich irgendwen brauchte um etwas zu lernen.

Meine absolute Lieblingsgeschichte ist die Geschichte von George Ravis:

DIE TIERSCHULE von George Reavis (gekürzte Version von Vera F. Birkenbihl)
Einst beschlossen die Tiere eine Schule zu organisieren. Lehrplan Laufen, Klettern und Fliegen. Die Ente war ausgezeichnet im Schwimmen, aber sie konnte beim Fliegen nur gerade eben bestehen und war sehr schlecht im Laufen. Daher musste sie Nachhilfestunden nehmen und Schwimmen ausfallen lassen, um Laufen zu üben bis ihre Schwimmfüße arg mitgenommen waren und sie im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Aber Durchschnitt war akzeptabel in der Schule. Darüber machte sich niemand Sorgen, außer der Ente.
Das Kaninchen begann als Klassenbester im Laufen, hatte aber einen Nervenzusammenbruch wegen der vielen Arbeit, um im Schwimmen aufzuholen.
Das Eichhörnchen war ausgezeichnet im Klettern, bis es in der Flugklasse frustriert wurde. Es bekam einen Muskelkater von der Überanstrengung und erhielt nur eine 4 im Klettern und eine 5 im Laufen.
Der Adler war ein Problemkind und wurde bestraft.
Die Präriehunde ließen ihre Kinder bei dem Dachs ausbilden und vereinigten sich, um eine erfolgreiche Privatschule zu gründen.
Und die Moral dieser Geschichte? Jede Art lernt auf die Art, wie es der Art entspricht und das hängt von der Art ab, wie unser Gehirn arbeitet🙂

Bis ich in die Schule kam, fand ich lernen so einfach….ich verstand überhaupt nicht, was daran schwer sein sollte.

Ich habe mir im Alter von 5 Jahren selbst das Lesen beigebracht. Tag für Tag saß ich neben meinem Vater, beobachtete ihn beim Lesen der Express. Lesen, das schien mir etwas besonders erstrebenswertes zu sein. Mein Vater las Dinge, die ihn von einer Sekunde auf die andere traurig, fröhlich, glücklich und auch wütend machte. Ich sah, wie seine Emotionen unfassbar schnell aufeinander folgten. Er erzählte mir, was er gelesen hatte und diese Zeitung schien ein Wissen zu beinhalten, das ich für mich selbst erobern wollte.

Also fragte ich nach, was er denn da lesen würde. Er fing an mir einzelne Wörter vorzulesen und die schwarzen Zeichen auf dem beigefarbenen Hintergrund nahmen langsam aber sicher in meinem Kopf Gestalt an. Er sagte mir nicht, was die einzelnen Buchstaben bedeuteten. Er las mir ganze Wörter vor und langsam aber sicher saß ich nach einigen Wochen neben ihm und erkannte was er sah.

Und eines schönen Tages saß ich neben ihm und sagte ganz laut: „Das ist ja lustig.“ Er sah auf mich herunter und meinte: „Was denn?“ Ich hatte den Witz auf der Seite gelesen und fand den sehr lustig. Da es ein kurzer Text war, dachte mein Vater das wäre Zufall und ich hätte den Inhalt durch die Zeichnung verstanden. Also legte er mir die Zeitung hin, zeigte auf verschiedene Texte und fragte mich was da stand. Ich fing an die Wörter vorzulesen und mein Vater raste mit der Zeitung in der einen Hand und mir an der anderen Hand durch die Wohnung zu meiner Mutter und sagte: „Petra kann lesen. Hast du ihr das beigebracht?“

Meine Mutter wickelte gerade meinen Bruder, der 5 Jahre jünger war als ich und meinte nur:“ Sie sitzt seit Wochen neben dir während du die Zeitung liest. Das muss sie wohl von selbst gelernt haben.“

Von dem Tag an kaufte ich mir von meinem Taschengeld Bücher. Ich reiste in meinen Gedanken auf diesem Erdball von einem Kontinent zum anderen und erlebte die wunderbarsten Abenteuer, die man sich als Kind vorstellen kann. Pippi Langstrumpf, Pünktchen und Anton, alle Bücher von Jules Verne, Hanni und Nanni usw.

Ich freute mich unfassbar auf den Tag, wenn ich endlich in die Schule gehen und noch viel mehr lernen konnte. Lernen machte soviel Spaß!

Doch das zog sich erstmal ziemlich nach hinten. Ich wurde am 24. Dezember 1966 geboren und bei meiner ersten Einschulungsuntersuchung mit 6 Jahren stellte die Ärztin fest: „Die ist zu klein, kann ja kaum einen Ranzen tragen. Dann muss sie eben noch ein Jahr im Kindergarten bleiben.“

Schön wär es gewesen, wir waren gerade nach Hürth gezogen und alle Kindergartenplätze waren besetzt. Also musste ich ein Jahr zuhause bleiben. In diesem Jahr lernte ich dann noch rechnen, brachte mir selbst stricken bei (ich habe dann spiegelverkehrt gestrickt, weil ich immer meiner Mutter gegenüber saß und sie dabei beobachtet habe). Wenn unsere Eltern mal weg waren, las ich auch noch im Kochbuch meiner Mutter und entschied kochen zu lernen. Das ist bis heute meine zweite Leidenschaft direkt nach lesen. Es war so furchtbar langweilig zu Hause. Fernsehen mochte ich gar nicht so gerne. Also las ich pro Monat ein bis zwei Bücher. Bis zur nächsten Einschulungsuntersuchung.

Seufz….schon wieder die gleiche, unfreundliche Ärztin. Ich wurde gemessen, gewogen, musste einen Hör- und Sehtest machen und wieder meinte die Ärztin ich sei ja gerade mal drei Zentimeter gewachsen und ihrer Meinung nach immer noch zu klein für die Schule.

Das wurde mir hier echt zu bunt. Ich meinte dann nur frei von der Leber weg: „Ich kann aber lesen, schreiben und rechnen.“ Sie sah mich total verdutzt an, legte mir einen Zettel hin und lies mich meinen Namen schreiben. Ich schrieb in Druckbuchstaben, so steht es halt in Büchern, aber absolut fehlerfrei. Sie legte mir ein Buch vor und ich las ihr fließend den Text vor.

„Ach du meine Güte,“ meinte sie und sah meine Mutter an. „Eigentlich müsste Petra in die zweite Klasse gehen, die ist ja viel weiter als die Kinder in ihrem Alter.“

Zack hatte ich die Erlaubnis die Schule zu besuchen. Endlich!!! Was lernte ich daraus: Wenn du was willst, dann musst du dafür kämpfen, sonst wird das nix.

Meine Einschulung war sehr schön. Ich war so aufgeregt, dass ich kaum stillsitzen konnte. Das war alles so spannend. Mit meinem Ranzen, der mit wunderschönen Stiften, Linealen, Spitzer, Radiergummi und mehr gefüllt war und meiner kunterbunten Schultüte – deren süßer Inhalt mich weniger interessierte -betrat ich mit unserer Lehrerin Fräulein Esser unseren Klassenraum und staunte. So schön. Eine Tafel an der einen Wand, die Tische und Stühle standen außen U-förmig und innen waren Tische daneben gestellt damit auch dort die Schüler nach vorne sehen konnte. Der Raum war farbenfroh und bunt eingerichtet und alles war so aufregend.

Ich setzte mich an einen Tisch in der Mitte und zwei Plätze schräg hinter mir saß ein unglücklich aussehendes Mädchen. Während die Lehrerin uns begrüßte und uns erzählte was wir alles lernen werden, brach das unglückliche Mädchen in Tränen aus, pinkelte sich in die Klamotten….was echt übel roch, und schrie so laut, dass sie von ihrem Vater rausgeholt werden musste. Ich verstand echt diesen Aufstand nicht. Sie wurde ja hier nicht gefoltert.

Ich saß da, bekam meine ersten Schulbücher, die ich wie Schätze in meinen Ranzen packte und schaute gebannt auf die Lehrerin. In diesem Augenblick war ich der glücklichste kleine Mensch im Raum und als ich mich umsah, stellte ich fest, das ich wohl auch die Einzige war, die das so empfunden hat. Jedenfalls sahen die anderen aus wie Schweine, die zum Schlachter gebracht werden. Woher ich weiß, wie die aussehen? Nun ich bin bis zum Umzug im Vorgebirge in Merten aufgewachsen. Mit den ganzen Bauernhöfen ringsherum da bekommst du sowas schon mal mit.

Fortsetzung folgt……

Veränderungen

Nachdem ich zwei Jahre um die Beibehaltung meiner gewerblichen Tätigkeit gekämpft habe, habe ich am 8.02.2022 beschlossen das Gewerbe nun abzumelden.

In den vergangenen zwei Jahren sind meine Umsätze nicht mal mehr bei Null gelandet, sondern wir haben die Kosten aus unserer privaten Haushaltskasse tragen müssen. Ja, Corona hat den größten Teil dazu beigetragen. Es war ja überhaupt nicht möglich genug Workshops durchzuführen.

Da eine Besserung absolut nicht erkennbar war, habe ich mich so entschieden. Das ist mir nicht leicht gefallen, aber wenn man auf einem kranken Pferd reitet, dann wird das auch nicht schneller, wenn man ihm die Peitsche gibt. Es fällt im schlechtesten Fall einfach tot um.

Hinzu kommt, dass ich inzwischen sehr viel lese über Klimawandel, Umweltschutz und die Vermüllung der Meere, Mikroplastik usw. und mich das alles sehr nachdenklich gemacht hat. Ich habe angefangen mich selbst und das, was ich tue, kritischer zu betrachten. Natürlich ist es okay, Dinge zu verkaufen und damit Geld zu verdienen. Aber brauchen wir wirklich noch das zwanzigste Stempelset mit Tulpen? Die anderen waren doch klasse….warum benutzen wir die nicht?

Ist es notwendig alles im Überfluss zu haben und möchte ich da wirklich weiter mitmachen? Auf diese Frage konnte ich nur mit Nein antworten. Inzwischen liebe ich es Dinge herzugeben, die ich nicht mehr nutze und sie einem Menschen weiter zu geben, der sie noch nutzt. Ist es nicht unfassbar lieblos Dinge ungenutzt herumliegen zu lassen und sie nicht mehr einem Zweck zuzuführen? Habt ihr schon mal ein Haus betreten, in dem niemand mehr lebt? Es wird nicht gepflegt, nicht genutzt und es zerfällt….langsam aber sicher. Wenn ich sowas als Kind sah, dann hat mich das traurig gemacht und auch heute spüre ich, dass sowas nicht okay ist.

Ich weiß noch nicht, wo mich das hinbringt. Ich habe keine Ahnung ob ich noch mal arbeiten möchte. Ich weiß nur, dass der Klimawandel und die ganzen Katastrophen auf dieser Welt meine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung ziehen. Die Wertigkeiten haben sich verschoben.

Jetzt warte ich mal ab, wo mich das hinführt.

Neurologische Untersuchung

Bei der neurologischen Untersuchung am 1.12. mittels EEG wurde Sarah unter anderem auch sehr heftigen Lichtreflexen ausgesetzt. Das war echt übel. Sie hat das nur eine Minute ausgehalten, danach mussten die Lichtreflexe ausgeschaltet werden. Ich bin ja mal gespannt, wie das EEG ausfällt. Es war einfach nicht möglich diesen Teil der Untersuchung durchzuführen.

Direkt nach dem EEG wurde es ihr sofort schlecht. Ich brachte sie nach Hause, damit sie sich das Kontrastgel aus den Haaren waschen konnte und prompt fingen die starken Kopfschmerzen wieder an.

Sarah war verzweifelt: „Ich habe so viele Fehlstunden und ich bekomme nie die Sachen, die die anderen in der Schule gemacht haben. Wenn ich ein Arbeitsblatt von einem anderen Schüler fotokopiere, dann ist das doch schon ausgefüllt. Das bringt mir null.“

Ja, warum sie diese Sachen nicht erhält….keine Ahnung. Scheinbar stehen die Sachen nur für die SchülerInnen zur Verfügung, die anwesend sind. Ich habe dann die Lehrerin angeschrieben und gefragt, was heute gemacht wird. Die antwortete mir dann, dass in der Schule vormittags Bewerbungen geübt würden und wenn Sarah da wäre, dann würde sie lernen eine so tolle Bewerbung zu schreiben, dass sie ihren Traumberuf erhalten könnte.

Ich weiß nicht, warum die Lehrerin mir das geschrieben hat. Sarah ging es nicht gut, sie hat Abends dann noch mal so übel Migräne bekommen, dass sie nicht mehr von der Couch aufstehen konnte. Manchmal wünschte ich, ich könnte ihr diese Schmerzen einfach abnehmen. Ich schmeiß mir eine Tablette rein und gut ist es. Sarah verträgt kein Ibuprofen, davon muss sie sich sofort übergeben und Paracetamol wirkt überhaupt nicht.

Also habe ich diesmal als letzte Möglichkeit zu 5%tigem CBD gegriffen, weil sie solche starken Schmerzen hatte, dass ich kurz davor war zum Notdienst zu fahren. Und endlich habe ich was gefunden, das wirkt. Nur drei Tropfen und eine halbe Stunde später waren die Schmerzen zum ersten Mal endlich zurück gegangen. Nicht ganz weg…..aber deutlich weniger.

Drückt mir die Daumen, dass diese Mittel dauerhaft wirkt. Sie kann das echt gebrauchen.

Nach vielen Jahren

in denen meine Tochter jetzt unter heftigen Migräneanfällen leidet, wird sie nach einem Besuch im SPZ Rhein-Erft endlich mal richtig durchgecheckt. Wir haben als erstes verschiedene neurologische Untersuchungen, einen IQ-Test und danach werden weitere Termine gemacht.

Ich habe lange darauf warten müssen, dass Sarah diese Untersuchungen erhält. In den letzten drei Monaten haben wir ein Kopfschmerztagebuch geführt um die Auslöser herauszufinden und andere Ursachen auszuschließen.

Am Dienstag hatte ich ein Gespräch mit dem Sportlehrer, der seitdem versteht was das mit Sarahs Angststörung und Panikattacken auf sich hat und der gestern auch sehr gut reagiert hat. Leider konnte sie gestern nicht am Sport teilnehmen, weil sie starke Rückenschmerzen hatte. Abends war dann klar warum 😂

Sarah ist gestern Abend auf die Idee gekommen, sich zu einem Yogakurs anzumelden. Das finde ich toll. Mein Mann macht schon seit mehreren Jahren Yoga, seitdem ich ihm geraten habe, dass das besser für seinen schreibtischgeplagten Rücken ist als Krafttraining und ich habe gestern Morgen lustigerweise auch mal endlich wieder meine Yogamatte ausgepackt und im Wohnzimmer meine Übungen gemacht.

Ich bin ja auch nicht so die Person, die irgendwelchen Wettbewerbssport mag. Mit „Gewinnen“ und „Leistungsvergleichen“ kann man mich von hier bis Timbuktu jagen. Selbst ein Geldpreis würde nicht dazu führen, dass ich mich auf ein Rennrad setze um irgendwelche Rennen zu gewinnen. Das würde ich schon eher machen, wenn wir mit dem Rennrad zum Zoo fahren ….. 😉 oder eine Wanderung zu einem tollen Aussichtspunkt, zu der ich meine Kamera mitnehmen und schöne Fotos machen kann. Preise gewinnen oder Beste in irgendwas zu sein hat mich noch nie gereizt.

Jetzt wo meine Weihnachtsmärkte ausgefallen sind, kann ich endlich wieder mehr Sport machen. Ich weiß, das ist alles eine Frage der Organisation……..klar. Das Chaos beherrschte halt drei Monate das Genie 😂

Wenn ihr übrigens mal schauen möchtet was ich so gestalte, dann findet ihr hier meinen YouTube-Kanal .

Ich wurde auf die Idee gebracht, dass meine Tochter vielleicht Dinge falsch wiedergibt (unbeabsichtigt) oder was falsch versteht. Darüber habe ich einen ganzen Tag lang nachgedacht. Ich sehe das anders. Sarah hatte in der Grundschule eine Lehrerin die ständig gebrüllt hat, was dazu führte dass meine Tochter auf jede Form von Lautstärke sehr empfindlich reagiert. Es kann sein, dass sie lautes Reden als Geschrei empfindet, weil sie das zu oft erlebt hat……sie sagt ja sogar zu mir, dass ich zu laut brülle, wenn ich einfach mal lauter rede.

Was sie aber auch macht ist, dass sie mir alles erzählt. Es gibt nix, was sie nicht sagt. Wenn sie Unsinn gemacht hat, wenn sie einen „Fehler“ gemacht hat. Sie erzählt mir sogar, wenn sie als Kindergartenkind mal irgendwas gemacht hat, was sie heute noch peinlich findet. Viele Dinge wusste ich bereits, ich bin ja nicht blind 😉 aber als Mutter muss man ja nicht gleich wegen jedem Vergehen in Panik verfallen, dass das Kind auf die schiefe Bahn geraten würde.

Ich habe 5 Töchter im Alter von 33,31,29,25 und 14 Jahren und bei Gott, die erzählen und erzählten mir immer alles. Auch Dinge, die ich überhaupt nicht wissen wollte 😲Wenn irgendwas schief gelaufen ist, dann kamen sie zu mir. Warum? Weil sie wussten, dass ich versuche mit ihnen eine Lösung für das Problem zu finden, weil ich ihnen nicht den Kopf abreiße, wenn mal was schief geht. Standardspruch von mir bei einer 5 in einer Klassenarbeit: „Ich glaube, das kannst du besser.“ Antwort von der Tochter: „Jap, ich denke lernen hätte geholfen.“ 😂

Inzwischen bin ich Oma von 3 ganz großartigen Enkelkindern. Ich werde angerufen, wenn mal ein Babysitter gebraucht wird, wenn das Kind krank ist, wenn mal alles drunter und drüber läuft…..so ist Leben halt. Wenn eine Steuererklärung gemacht werden muss, ein Versicherungsangebot unklar erscheint, wenn gute Rezepte gebraucht werden……ich bin immer die Erste die gefragt wird und nur, wenn ich nix mehr weiß dann müssen andere Personen gefragt werden.

Warum das so ist? Ich musste ganz viele Dinge lernen, weil wir eben nicht immer auf Rosen gebettet waren. Wenn das Auto defekt war, dann habe ich es repariert….Vergaser ausbauen und reinigen, Zylinderkopfdichtung wechseln….alles klar, kann ich (heute muss ich das -endlich- nicht mehr und die neuen Fahrzeuge haben mir zu viel Elektrik 🤣). Computer defekt, neues Motherboard einbauen….okay…mach ich. Den Fernseher einstellen, die Bohrmaschine auspacken und den Router an der Wand befestigen…jap.

Wir lebten 5 Jahre alleine nach der Trennung von meinem ersten Mann. Das haben wir alles alleine hinbekommen. Solche Erlebnisse schweißen zusammen. Da kann man nicht gleich immer einen Handwerker rufen, wenn was nicht mehr funktioniert und die meisten Sachen sind echt leicht zu reparieren, wenn man sich da mal reinfuchst. Handwerkerkosten sind als Alleinerziehende auch ein unerschwinglicher Luxus.

Mir sagte mal ein Freund, der Familientherapeut ist, dass es wichtig ist Fehler zu machen, damit die Kinder nicht denken man könnte alles. Ja okay…..aber zeig mir mal einen Menschen, der etwas gut kann und das dann absichtlich falsch macht……das geht gar nicht. Da merkt doch jeder gleich, dass man nur so tut. 😂😂😂

Ich bin jedenfalls seeehr froh, dass Sarahs Migräne untersucht wird. Das nimmt mir den Druck raus. Es ist kein tolles Gefühl hilflos neben einem Kind zu sitzen, das vor Schmerzen zusammengekauert auf der Couch liegt und bittere Tränen weint. Haut mich jedesmal um. 😭

Nach dem Gespräch beim SPZ wies mich Sarah gleich auf das hin, was ich alles vergessen hatte zu erzählen……😂so ist sie. Ich meinte dann nur: „Wenn du der Meinung bist, du könntest besser erzählen, dann rede doch einfach selbst, statt da still zu sitzen. Das wär ein sehr kurzer Termin geworden, wenn wir drauf gewartet hätten, bis du antwortest.“

Antwortet sie: „Nee, da habe ich keine Lust zu. Mach du das, du redest gerne, ich nicht.“🤣

Jetzt bin ich mal gespannt was bei den ganzen Testungen raus kommt.

Wenn einer die Machtfrage stellt,

hat mir zu einem späteren Zeitpunkt in meinem Leben ein sehr kluger Mensch gesagt, dann musst du die immer beantworten.

Ich führte also die Lehrküche im Agnesstift weiter und dann ging Spaß erst richtig los. Die aufmüpfige Auszubildende befolgte keine meiner Anweisungen mehr, ließ regelmäßig das Essen anbrennen. Sie hatte sich so richtig auf mich eingeschossen. Ich war der Feind und musste unter allen Umständen bekämpft werden.

Jedes Mal wenn etwas vorfiel, ging ich mit ihr in den Besprechungsraum, sagte ihr was mir nicht gefällt und bat sie darum, dass sie bitte damit aufhören soll meine Lehrküche zu boykottieren.

Insgesamt führten wir dieses Gespräch dreimal. Ich gebe immer jedem Menschen drei Möglichkeiten mit mir klar zu kommen. Ich erkläre, ich habe Geduld und ich versuche die Situation zu klären. Nach dem dritten Mal war ich es ehrlich gesagt einfach satt.

Ich informierte mich über meine Rechte als Ausbilderin und stellte fest, dass ich die Macht hatte der Auszubildenden die weitere Ausbildung zur Hauswirtschafterin zeitweise zu verweigern.

Also wartete ich auf den nächsten Tag. Das Spiel wiederholte sich und ich zitierte sie wieder ins Besprechungszimmer. Dann sagt ich: „Ich kann nicht erkennen, dass du bereit bist dich in die Gruppe einzufügen und mit uns allen gemeinsam zu arbeiten. Ich sehe, dass dir die Ausbildung bei mir nicht gefällt. Mir gefällt es auch nicht wie du dich mir gegenüber verhältst. Deshalb habe ich mich entschieden dir für drei Monate die Lehrküche und die Ausbildung bei mir zu verweigern. Du kannst deinen Kittel und das Kopftuch ausziehen und gehen.“

Sie sah mich an….völlig geschockt und meinte: „Das können Sie doch nicht machen. Ich bin im zweiten Lehrjahr. Wenn ich das hier verhaue, dann bekomme ich nie wieder eine Ausbildungsmöglichkeit. Sie versauen mir mein Leben.“

Ich antwortete nur: „Ich bin nicht schuld daran, wenn du nicht bereits bist mit mir zu arbeiten. Du kannst gehen und darüber nachdenken, ob du bereit bist weiterhin die Ausbildung zu erhalten oder ob du alles hinschmeißt. Wenn du diese Küche erneut betrittst, dann gelten meine Regeln. Ich verlange nichts Unmenschliches von dir, du sollst dich einfach nur benehmen. Du darfst jetzt gehen.“

Ihr werdet es kaum glauben, aber die anderen Auszubildenden haben mir tatsächlich bestätigt, dass sie das gut fanden. Ich habe nie eine von ihnen vor den anderen angebrüllt, sie nie beleidigt und ich war immer korrekt in meinem Verhalten.

Nach vier Wochen stand die junge Dame vor meiner Lehrküche und klingelte an der Eingangstür, denn bei uns kam man nicht einfach so rein. Ich öffnete die Tür und sie sagte: „Bitte Frau Brenig (mein Mädchenname) ich möchte so gerne wieder in die Lehrküche zurück. Ich werde nie wieder mutwillig was kaputt machen und mit allen gut zusammen arbeiten. Aber bitte, verweigern Sie mir nicht mehr die Ausbildung.“

Ich habe die Tür frei gemacht und gesagt: „Okay, einverstanden. Aber es gibt keine zweite Chance.“

„Ich habe das verstanden“, meinte sie.

Von dem Tag an hatten wir ein echt tolles Miteinander und alles klappte reibungslos.

Warum ich euch das erzähle? Weil ich nur das kritisiere, was ich selbst von mir verlange. Wenn ich etwas anspreche in Schulen und Kindergarten, was mir nicht gefällt, dann nicht um blödsinnig herumzunörgeln. Nein, ich halte es für unabdingbar, dass man sich in einer Gemeinschaft an Spielregeln hält. Spielregeln sind respektvoller Umgang aller Beteiligten. Es geht gar nicht, dass ein Vorgesetzter oder eine Lehrkraft respektlos zu den Auszubildenden oder Schülern ist. Es geht aber auch nicht, dass das umgekehrt passiert.

Ich habe gelernt, dass es doch stimmt: „Wie du in den Wald reinschreist….so kommt es zurück.“ Ich musste nur lernen, dass ich dabei die Qualität der Kommunikation als Vorbild ganz klar bestimme und damit auch das Recht habe, die Regeln vorzugeben.

Ich wünsche euch eine schöne Woche.

Mit 19 Jahren

habe ich als Ausbilderin im Agnesstift, das von Nonnen geleitet wurde, in Bonn als staatl. geprüfte Wirtschafterin mit Ausbilderqualifikation gearbeitet. Das Stift war ein Heim mit vergitterten Fenstern, Ausgangsbeschränkungen uvm.

Ich war recht jung und meine Auszubildenden waren Mädchen im Alter von 17 Jahren, die aus zerrütteten Familien, Drogenkreisen etc. waren. Da ich solche Verhältnisse nicht kannte, bin ich zuerst mal freundlich mit den Mädels umgegangen. Ich wurde so erzogen, dass man mir sagte: „Wie du in den Wald reinschreist, kommt es zurück.“

Ich wurde sehr schnell eines Besseren belehrt. Die Nonne, die die Lehrküche vor mir unter sich hatte, wies mich ein, zeigt mir wo alles war und wie sie die Lehrpläne für die Auszubildenden erstellte. Wir kochten gemeinsam gesamte Gerichte nach Jahreszeit, ich lehre sie alle Zubereitungsformen, wie man den Tisch korrekt deckt, Servietten faltet und vieles mehr.

Leider wurde die Nonne sehr krank und konnte mich nicht, wie geplant 6 Monate einarbeiten. Ich stand also mit 19 Jahren nach knapp 4 Wochen Einarbeitung vor 8 Auszubildenden, die nur 2 Jahre jünger als ich waren und musste sofort Vorbild, Ausbilderin und praktisch Lehrkraft sein.

In den ersten vier Tagen merkten mir die Teenager an, dass ich noch recht unerfahren war. Das Kochen und die Erklärungen beherrschte ich. Was ich nicht beherrschte war, dass man mich hinterging, Vorräte aus dem Vorratsraum stahl und einiges einfach kaputt kochte aus lauter Freude an meiner Verunsicherung. Wir mussten immer eine Wohngruppe mit Mittagessen und Abendessen versorgen. Wenn da was schief ging, dann wurde ich zur Hauswirtschaftsleiterin zitiert und musste Rechenschaft ablegen, warum das wieder nicht geklappt hatte.

Am Freitag der ersten Woche gegen Abend, eine meiner Azubis sollte die Kartoffeln waschen und schälen, denn es gab Bratkartoffeln zum Abendessen, stellte ich fest, dass sie mir mit den gesamten Kartoffelschalen den Ausguss des großen Edelstahlbeckens verstopft hatte. Ich merkte ganz genau, dass es jetzt darum ging wer hier das sagen hat.

Also ging ich zum Hausmeister, besorgte mir Werkzeug und sagte den anderen Auszubildenden, dass sie nach dem Unterricht gehen durften. Aber diese junge Dame musste da bleiben. Ich zeigte ihr, wie man den Ausguss abschraubt und informierte sie darüber, dass sie die Lehrküche erst verlassen durfte, wenn der Ausguss gereinigt und freigängig wr.

Die Gruppenleiterin, natürlich ebenfalls eine Nonne, kam rein und schnauzte mich an, dass die Auszubildende jetzt Feierabend hätte und in die Gruppe müsste und ich sagte ganz einfach: „Sie bleibt hier, bis der Ausguss wieder frei ist. Meine Lehrküche, meine Regeln. Wenn ihnen das nicht gefällt beschweren Sie sich bei der Mutter Oberin.“

Sie ging, niemand kritisierte mich mehr und die Reinigungsaktion dauerte bis 21 Uhr. Danach entließ ich die übermüdete Auszubildende und fuhr noch eine Stunde nach Heppendorf, wo ich ich bei meinem Freund wohnte.

Danach war für diese Woche erstmal geklärt wer hier das sagen hatte. Aber es war noch nicht zuende.

Weiter geht es im nächsten Beitrag 😉

Dumme SchülerInnen

Es wird immer lustiger….nur ist mir langsam nicht mehr zum Lachen zumute!

Hier meine heutige Mail an die Klassenlehrerin meiner Tochter:

Die Musiklehrerin Frau XXXXXXXX der Klasse X.X hat heute einen
Schüler im Musikunterricht angeschrien und bezeichnet die SchülerInnen
der Klasse in jeder Musikstunde als „dumm“.

Was Frau XXXXXXXX mit dieser Ausdrucksweise bezwecken möchte, ist mir
ein Rätsel. Wenn Kinder alles wüssten, bevor sie zur Schule gehen,
bräuchten sie nicht in die Schule zu gehen. Es ist also durchaus
berechtigt, mit weniger Wissen in die Schule zu gehen und mit mehr
Wissen die Schule zu verlassen. Jedenfalls sollte eine Schule genau
diesen Zweck erfüllen.

Ich werde ab sofort jedes Mal eine Beschwerde an Sie senden, wenn ich
solch ein Verhalten, egal in welcher Schulstunde, gegenüber den
SchülerInnen mitgeteilt bekomme und mir für weitere Zwecke alle eMails
chronologisch einem Ordner aufbewahren.

Für weitere Gespräche auch mit Frau XXXXX und dem Schulleiter Herrn
XXXXXX stehe ich gerne zur Verfügung.

Eigentlich würde ich das alles gerne anders regeln. Doch als meine Tochter mir heute erzählt hat, dass der Sportlehrer nach meiner ersten Beschwerde sagte, dass er, weil sich Eltern beschwert haben, die Aufwärmphase beim Sportunterricht jetzt nochmal verlängert.
Das hat er wahrscheinlich gesagt, nachdem er zu meiner Tochter und ihrer Freundin gesagt hatte, dass er sie beim nächsten Sportunterricht mal richtig fertig machen würde und ich mich deswegen bei ihm beschwert habe.

Ich kann leider in der Schule nicht erkennen, dass dort alle LehrerInnen wissen welche Verantwortung sie gegenüber den SchülerInnen und deren psychischer Gesundheit haben. Aus diesem Grund muss ich jetzt leider genügend Informationen für ein Gespräch beim Landesschulamt zu sammeln.

Wir könnten das auch anders regeln.

Migräne

Wir haben eine höllische Nacht hinter uns. Sarah hat gestern Abend um 22:00 Uhr wieder eine Migräne bekommen. Es beginnt immer gleich. Zuerst blitzt es vor ihren Augen. Dann hat sie Sichtausfälle und muss die Augen schließen, um nicht in Panik zu geraten.

Sie versucht sich abzulenken, spricht mit Freunden auf dem Handy, versucht alles um mit der Situation klar zu kommen. Dann verliert sie die Fassung. Ich muss mich zu ihr setzen, reibe ihre Stirn mit Lavendelöl ein. Ich massiere ihr den Kopf, gebe ihr etwas zu trinken. Ab dem Moment kann ich sie nicht mehr alleine lassen.

Bis drei Uhr heute Morgen war die Migräne so stark, dass sie immer wieder kurz eingeschlafen und wieder aufgewacht ist.

Als um 5:40 Uhr der Wecker geklingelt hat, habe ich ihn nur ausgeschaltet. Sie hatte immer noch Schmerzen, nicht mehr so stark wie heute Nacht, aber stark genug um sie nicht zur Schule zu schicken.

Ich hatte üble Kreislaufprobleme, weil mir die Ruhe der halben Nacht fehlte. Ich habe mich rumgedreht und noch etwas geschlafen.

Danach schrieb ich der Lehrerin, dass Sarah wegen starker Migräne nicht zur Schule kann. Antwort: „Wir brauchen ein Attest, weil die heute die Englischarbeit schreiben.“

Super, toll. Ich habe mir die halbe Nacht um die Ohren gehauen, um meinem Kind zu helfen und bin eh gerädert. Jetzt darf ich meinen halben Arbeitstag damit zubringen den Arzt aufzusuchen um das Attest aufzutreiben. Gut, dass ich selbstständig bin. Den Verdienstausfall zahlt mir niemand. Die fehlenden Stunden kann ich heute Abend, trotz fehlendem Schlaf, nachholen.

Mich wundert es nicht, dass Mütter Schwierigkeiten haben einen Job in unserem Land zu finden. Du musst doch als Mutter ständig verfügbar sein. Ist dein Kind im Kindergarten musst du regelmäßig Verpflichtungen übernehmen wie Essen machen, basteln, Feste organisieren oder Ausflüge begleiten. Zeitgleich wird dir aber auch suggeriert, dass du als Mutter nicht viel wert bist, wenn du nicht auch deine berufliche Karriere im Blick hast. Mütter werden heutzutage doch häufig von berufstätigen Müttern wie Aussätzige behandelt, weil sie „nur“ für ihre Kinder da sind.

Ist dein Kind in der Schule musst du ständig frei machen. Mal haben die Kids aus heiterem Himmel frei. Dann musst du wegen vielfältigen Sachen zum Arzt, zu Schulveranstaltungen etc. Ein minutengenau getakteter Kalender könnte da vielleicht ein wenig Stress rausnehmen.

Als Mutter bist du doch heute ständig von der Erwartungshaltung der Betreuungsformen unter Druck, weil du beweisen musst eine gute Mutter zu sein. Andererseits wird erwartet, dass du deinen Job gut machst und zwischendurch musst du immer wieder unter Beweis stellen, dass du dein Kind nicht als faule Ausrede in der Schule oder Kita entschuldigst.

Ich muss an Fronten kämpfen, die ich mir nicht ausgesucht habe, mit Menschen diskutieren, die glauben zu wissen, wie ich zu funktionieren habe und muss jeden Tag unter Beweis stellen eine gute Mutter zu sein.

Das ist nicht lustig. Und zwischendurch höre ich diese bescheuerte Werbung von der Politik, die da lautet: „Wir fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ Hahaha….wo bitte schön?

Ich wär schon mal froh, wenn Politik es schaffen würde, die Auseinandersetzung zwischen Erziehern, Lehrern und Eltern zu beenden, in der nur mit gegenseitigen Vorwürfen und Erwartungshaltungen agiert wird, ohne den Vorteil für die Kinder im Blick zu behalten. Denn die sind in dieser Auseinandersetzung die Leidtragenden. Ich möchte gerne zusammenarbeiten mit allen, um das Lernen und die Bildung unserer Kinder zu unterstützen und nicht so gesehen werden, dass ich als Mutter der Erziehung und der Bildung im Weg stehe.

Richtig wütend gemacht hat mich seinerzeit die Diskussion, dass die Betreuung von Kindern noch früher in der Kita vollzogen werden sollte. An den Diskussionsbeiträgen konnte man fast schon ablesen, dass nach Meinung mancher Politiker nur asoziale Jugendliche mit einem Verbrecherlebenslauf aus dem Mutter-Kind-Verhältnis heraus erwachsen würden, wenn man dem nicht früh genug entgegenwirkt.

Wundert mich, dass unsere Generation eigentlich ganz passable Menschen hervor gebracht hat, mit einem guten Bildungsweg und Berufsweg. Wo wir doch fast alle nur Kinder von Hausfrauen und Müttern waren, die nicht zeitgleich unter dem beruflichen Druck und den Herausforderungen der heutigen Zeit gestanden haben.

Lasst uns doch bitte mal mit mehr Verständnis für die Situation der Eltern und Kinder und auch der Sozialpädagog*Innen und Lehrer*Innen aufeinander zugehen und versuchen in diesem Schulssytem einen gangbaren Weg für alle zu finden.

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