Zukunftsfragen

Es ist gar nicht so einfach in einer Welt von Neurotypischen einem neurodivergenten Menschen mögliche Zukunftsperspektiven aufzuzeigen, wenn man selbst nie vor diesem Problem stand.

Natürlich gibt es viele Internetseiten, die Informationen darüber bereit halten. Doch passt das dann auch zu dem Menschen, den es betrifft?

Viele Fragen und keine Antworten.

Ich habe schon lange nicht mehr hier geschrieben, weil mein Leben so vollgepackt war, dass ich es einfach nicht geschafft habe.

Ich wünschte, ich würde Menschen kennenlernen, die auch neurodivergent sind und es trotz aller Schwierigkeiten geschafft haben, einen guten Schulabschluss, eine Berufsausbildung und einen gut bezahlten Beruf zu ergreifen, damit ich mit ihnen in den Austausch gehen kann.

Ich brauche gute Beispiel für etwas, das ich selbst nicht vorleben kann. Das würde mir echt weiter helfen.

Wieder mal eine Kindergelderhöhung

Für viele Probleme wird eine Kindergelderhöhung als sinnvolle Lösung angepriesen. So auch unlängst wieder mal von der derzeitigen Bundesregierung.

Wie einige von euch wissen, bin ich Mutter von 5 Töchtern. Meine ersten vier Töchter habe ich 5 Jahre, nach meiner Trennung von meinem ersten Mann, alleine erzogen und den Großteil der Kosten dafür alleine getragen.

Kindergeld ist sowas, das reicht eigentlich vorne und hinten nicht um die Kosten zu decken, die du tatsächlich bei der Kindererziehung hast. Selbst die heutigen höheren Beträge decken gerade mal die Kosten für Klamotten und einen Teil der Schulsachen. Den Rest zahlt man aus dem eigenen Budget oben drauf.

Aber….nur bei den Kindern, deckt das Kindergeld diese Kosten, wo die Eltern es auch genau dafür verwenden. Ich habe oft genug im direkten Umfeld meiner älteren Töchter gesehen, dass Kinder total verwahrlost in zerrissenen Klamotten rumliefen. Wenn du aber am Freitagabend an der offenen Tür der Dorfkneipe vorbei gegangen bist, dann saßen dort deren Eltern und haben sich ein Bier nach dem anderen gegönnt und dabei alkoholgeschwängerte Reden geschwungen.

In den 5 Jahren, in denen ich meine Ältesten alleine erzogen habe, hatte ich im August und September jeden Monat 400-500 € Ausgaben nur für die Schule. Jetzt könnten wir darüber diskutieren, warum LehrerInnen immer empfehlen den Pelikan-Malkasten zu verwenden oder ob es wirklich immer das teure Klassenarbeitsheft mit schwarzem Einband sein muss, das gleich den dreifachen Preis aus deinem Budget vernichtet…das ist aber eine andere Baustelle. Über diese Notwendigkeiten können wir gerne ein anderes Mal diskutieren.

Kindergelderhöhungen halte ich für die falsche Lösung. Denn aus vielerlei Gründen kommt das Kindergeld nicht da an, wo es hinkommen sollte: Bei den Kindern.

Ich bin dagegen, dass in unserem Land laufend das Kindergeld erhöht wird, meine Kinder aber in Schulen mit erheblichem Renovierungsstau saßen/sitzen, in denen oft genug nicht mal die Heizung funktioniere oder ein Mindestmaß an aktuellem Schulmaterial verfügbar war.

Eine, aus meiner Sicht, wirklich echte Lösung wäre: freies Lernmaterial an Schulen, bessere Schulausstattungen, bessere Internetanbindung der Schulen (um auch eine Beschulung der Kinder zu ermöglichen, die aus Krankheitsgründen keine Schule besuchen können) und absolut notwendig für jedes Kind ein Pausenbrot und/oder Mittagessen und freie Getränke. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Kita.

Denn liebe Herren und Damen in den politischen Gremien, dann käme das Geld auch da an wofür es ursprünglich gedacht war…bei den Kindern und nicht, wie bei einigen Erziehungsberechtigten…🤬…beim Wirt um die Ecke.

Das Ende der Ferien naht…

…und wir haben noch gar keine Lust darauf. Aber uns geht es sicher wie vielen anderen.

Zu Beginn der Ferien, gerade in der zweiten Woche, haben mein Mann und ich uns mit Corona angesteckt. Gut, dass wir wieder mal soviel um die Ohren hatten, dass wir keinen Urlaub gebucht hatten. Wir wollten mit Sarah lieber Tagesausflüge machen. Das mag sie ohnehin viel lieber, als wenn sie komplett aus ihrem Alltag rausgerissen wird.

Eine Woche vor Ferienbeginn haben wir auch endlich Sarahs Diagnose erhalten. Sarah hat eine Autismus-Spektrum-Störung im Bereich des Asperger Syndroms und eine generalisierte Angststörung. Endlich was, was wir greifen und angehen können.

Die erste Woche haben wir also erstmal mit lange Schlafen, gemütlich Zeit verbringen und ein paar Ausflügen verbracht. Und dann kam der Coronavirus.

Mein Mann dachte er hätte nur eine leichte Erkältung und machte sich keine Gedanken, bis die Halsschmerzen unangenehmer wurden. Er machte einen Test, der positiv ausfiel. Ich versuchte mich soweit wie möglich zu isolieren. Doch zwei Tage später war auch mein Test positiv und während mein Mann zwar etwas langsamer aber immer noch hier im Haus und Garten arbeiten konnte, warf mich der Virus auf die Couch bzw. ins Bett zurück mit 4 Tage hohem Fieber, Gelenkschmerzen, unangenehm starkem Schnupfen und Verschleimung.

Drei Tage lang versuchte ich mich mit Ausruhen wieder auf die Füße zu bekommen, doch je mehr ich lag und nichts tat, desto schwächer wurde ich. Also kramte ich mein Wissen über ganzheitliche Behandlung raus und setzte mich am dritten Tag in den Garten, tankte Sonnenstrahlen, um mein Immunsystem mit Vitamin D aufzuladen, und bewegte mich innerhalb von unserem Garten jeden Tag mehr. Dazu nahm ich Sinupret um den Schleim zu lösen, rieb von aussen auf die Nebenhöhlen das 31-Kräuteröl von Just und trank viel Ingwertee. Von da an merkte ich, wie es mir langsam besser ging. Als ich nicht mehr positiv war merkte ich sehr schnell, dass jedes Ausruhen mich wieder mehr schwächte, also gingen wir jeden Tag mindestens 12.000 Schritte spazieren, saßen tagsüber im Garten und sorgten dafür, dass wir unsere Fitness zurück erhielten. Der Plan ging auf. Wir haben das Ganze ohne große Langzeitfolgen überstanden.

Ich kann nur jedem raten mit Corona nicht zu schwächeln und sich ständig hinzulegen. Versucht eure Bewegung beizubehalten, damit ihr nicht schlapp macht. Mir hat es geholfen. Ich habe das Gefühl, dass der Virus, im Gegensatz zu einer Grippe, auf Reglosigkeit mit weiterer Schwächung des Immunsystems einhergeht.

Lothar konnte seinen Urlaub um die Krankheitstage verlängern und so konnten wir wenigstens noch ein bisschen gemeinsame Freizeit geniessen. Auch Sarahs Geburtstag haben wir mit ihren Schwestern gefeiert. 😊

Sarah blieb vom Virus vollständig verschont. Die hat echt ein gutes Immunsystem und hat sich weit genug von uns fern gehalten um sich nicht anzustecken. Manchmal hat ihre Selbstisolation im Zimmer auch ihre guten Seiten 😂

Jetzt sind die Ferien übermorgen vorbei und ich habe gar keine Lust auf Normalzeit. Vor allem weil ich jetzt der Schule erklären muss welche Auswirkungen die Diagnosen haben. Nachdem ich von der bisherigen Abteilungsleiterin ein Schreiben erhielt, in dem stand dass Autismus nichts mit Sport zu tun hätte…..was bei der Psychiaterin und unserer Kinderärztin erstauntes Kopfschütteln und große Augen verursachte, sehe ich mich in der Pflicht jetzt etwas mehr Aufklärungsarbeit in der Schule zu betreiben.

Seufz……gut dass ich nicht mehr arbeite. Jetzt habe ich ja Kapazitäten dafür frei. Obwohl ich zugegebenermaßen lieber zeichnen und musizieren würde.

Ich wünsche euch allen einen schönen letzten Ferientag.

Gewalt in der Grundschule meiner Tochter

Ein Thema, das viel zu oft verschwiegen und noch häufiger verharmlost wird. Heute erzähle ich euch eine Begebenheit an der Grundschule meiner ältesten vier Töchter, das ist jetzt ca. 24-25 Jahre her. Die Namen der Beteiligten habe ich bewusst verändert, damit mich nicht nachher einer verklagt. Die beteiligten Personen werden sich sicherlich in den Schilderungen wiedererkennen 🤣

Meine Älteste muss in der zweiten bis dritten Klasse einer Grundschule im Rhein-Erft-Kreis gewesen sein. Diejenigen, die mich kennen wissen welche Schule ich meine. Meine Tochter kam weinend am Mittag nach Hause. Es war Betreuung von 8-13 Uhr und ich wunderte mich schon dass sie so spät kam. Sie trödelte immer ein bisschen aber das war heute deutlich mehr Trödelzeit.

Conny erzählte mir, dass in der Schule ein marokkanischer Junge namens Rotzlöffel (du weisst dass du gemeint bist R.) ihr in der Klasse eine Plastiktüte über den Kopf gezogen hat und ihr niemand geholfen hat. Sie bekam nur noch mit Mühe Luft, bis sie sich endlich befreien konnte.

Der Rotzlöffel bekam ein „Du-du-du“ von der Lehrerin Obergeduldig-Lustlos und das war dann auch der ganze Handlungsrahmen, zu der die Schule in der Lage war.🤬

Ich rief also in der Schule an und verlangte einen Termin mit dem Rotzlöffel, seinem Vater, meiner Tochter und mir vor der Schulleiterin Frau Überhauptnichtrespekteinflößend und bereitete mich seelisch darauf vor. Heisst, ich kochte auf ziemlich hoher Flamme bis zum Termin. Wenn ich koche, dann führe ich Selbstgespräche solange, bis ich das Thema ausreichend mit mir selbst diskutiert habe 😂

Ich bin bei Gewalt unter Kindern nicht freundlich, nicht geduldig und erst recht nicht christlich eingestellt. Ich wollte, dass das eine Konsequenz hatte und zwar eine, die der Bengel spürte.

Der Termin kam, ich ging mit meiner Tochter ins Büro der Rektorin, wo schon der Vater mit Rotzlöffel vor der Tür wartete und wir betraten gemeinsam das Büro und setzten uns an einen runden Tisch. Ich weiß nicht zu welchem Zeitpunkt die Menschen angefangen haben Angst zu bekommen vor Menschen mit Migrationshintergrund, mich nervt das nur. Dieses Gefühl kenne ich nicht und ich habe auch nicht vor mir dieses anzueignen.

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend schilderte etwas ängstlich, dass ich um diesen Termin gebeten hätte und ich ein Problem mit einer Auseinandersetzung unserer beiden Kinder hätte.

Ich fiel ihr ins Wort. Diese blümerante Umschreibung des Vorfalls gaben nicht im geringsten wieder, was ich empfand. Ich sah dem Rotzlöffel ins Gesicht und sagte ihm, dass ich sein Verhalten unmöglich finde, weil er meiner Tochter gegenüber gewalttätig war und ihr Leben riskiert hatte.

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend fuhr mir dazwischen, dass er das bestimmt nicht so gemeint hätte und es wäre ja nichts passiert. Ich blitzte sie an und meinte: „Das nix passiert ist, war aber nicht der Verdienst der Lehrerin sondern ist nur der Tatsache geschuldet, dass meine Tochter sich endlich befreien konnte, nachdem sie fast erstickt wäre.“

Ich sah den Vater vom Rotzlöffel an und sagte mit fester Stimme: „Ich hoffe für Sie, dass das der letzte Vorfall dieser Art war. Denn beim nächsten Mal, wenn ihr Sohn gegenüber meiner Tochter gewalttätig ist, dann komme ich und knalle Ihnen eine für jede Tat gegenüber meinem Kind. Und wenn ihnen das nicht reicht, dann kommt mein Mann, der ist LKW-Fahrer, mit der Zugmaschine in das Wohngebiet und fährt mal vorwärts-rückwärts über den schicken silbernen Mercedes, den sie fahren. Haben Sie das verstanden?“

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend schlug die Hände über dem Kopf zusammen und kreischte: „ Frau Heeg (so hieß ich damals noch) sowas können sie doch nicht sagen. Das sind Marokkaner, die haben Familien.“ Ihre Stimme hörte sich an wie eine verstimmte Violine.

Ich grinste sie funkelnd an: „Und wer sagt ihnen, dass ich keine Familie habe? Ich habe 11 Tanten und Onkel, 30 Cousins und Cousinen und mein Mann hat 5 Geschwister und eine noch größere Sippe. Woher wollen Sie wissen, mit wem Sie sich hier anlegen?“

Ich sah den Vater vom Rotzlöffel an der ebenso grinste und er meinte: „Ich werde mit meinem Sohn zuhause reden, das kommt nicht nochmal vor.“

Die beiden verliessen den Besprechungsraum nachdem wir uns angemessen und respektvoll die Hand zum Abschied gegeben haben.

Frau Überhauptnichtrespekteinflößend sah mich erschrocken an und meinte dann, um mir noch einen verbalen Schlag zu versetzen: „Frau Heeg, ich bin entsetzt. Sie hätten sich so nicht verhalten müssen……Außerdem ist ihre Tochter…ein…ein…Opfertyp. Die zieht sowas an weil sie sich soooo verhält.“

Ich holte tief Luft und merkte, wie mir die Ader am Kopf anschwoll.

„Meine Tochter ist ein Opfertyp? Sie wollen damit sagen, dass sie selbst schuld ist, wenn ihr sowas passiert?“

Ich ging einen Schritt auf die Rektorin zu und meinte nur leise zischend: „Nun, ich glaube nicht, dass Sie den Wunsch haben nachzuempfinden, wie sich ein Opfer fühlt. Deshalb rate ich Ihnen zukünftig mit solchen Äußerungen über meine Tochter sehr vorsichtig zu sein. Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche Frau Überhauptnichtrespekteinflößend.“

Die Rektorin zuckte zurück und sah mich erschrocken an. Ich reichte ihr nicht die Hand. Mir war nicht danach. Ich war so wütend, ich war auf 180.

Ein paar Jahre später traf ich den inzwischen sehr hübschen Rotzlöffel im Gemeinschaftsschwimmbad der Wohnanlage und er meinte nur: „Mein Vater hat mir damals so den Ar….. versohlt, dass ich drei Tage nicht sitzen konnte.“

Das soll keine Anleitung dafür sein, mir das nachzumachen……es ist nun mal so geschehen. Wenn man solche Sprüche, wie ich, bringt…dann muss man sich darüber klar sein, dass man auch mal auf ein unbequemes Echo stossen kann und dabei vielleicht ein Veilchen riskiert. Das ist mir nie passiert…..obwohl mein Vater mich immer gewarnt hat, dass mir mal jemand begegnet, der mir eine reinhaut…..(bis heute noch nicht Papa) aber man geht das Risiko ein.

Bei mir hat es nur dazu geführt, dass es Menschen gab, die respektvoll grüßten, wenn sie mich sahen. Sowas macht halt schnell die Runde.

Was mich jedoch daran echt extrem geärgert hat, war die Tatsache, dass Gewalt in einer Grundschule geduldet wurde, damit die LehrerInnen sich selbst keiner Gefahr aussetzen mussten. Die haben nicht die Kinder beschützt. Da ging das Eigenwohl vor dem Gemeinschaftswohl.

Was ich daraus gelernt habe? Du darfst nicht zulassen dass deine Kinder Gewalt an Schulen erfahren. Du darfst das nicht verschweigen. Du musst dich mit aller Macht gegen Gewalt auflehnen. Immer, wenn ich sowas gemacht habe, haben danach Eltern ebenfalls Mut gezeigt und sich über Gewalt gegen ihre Kinder beschwert. Plötzlich hagelte es Anzeigen, weil ich vorgerannt bin und Anzeige erstattet habe. Man muss dabei nicht immer so ausfallend werden, wie ich an dem Tag vor 25 Jahren……ich habe auch später gelernt nicht gleich immer mit Gegengewalt zu drohen 😂

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