Großartig

Wie einige hier mitbekommen haben, hatte ich mehrere Gespräche mit dem Sportlehrer von Sarah wegen ihrer Angststörung, der Entwicklungsstörung und ihrer totalen Angst vor dem Sportunterricht.

Heute kann ich euch berichten, dass meine Tochter seit der letzten Woche mit wachsender Freude am Sportunterricht teilnimmt. Ich bin echt froh, denn gerade Sport hilft, dass die Psyche gestärkt wird.

Sie kam heute nach Hause und berichtete ganz aufgeregt wieviel Spaß sie jetzt im Sportunterricht hat und dass der Lehrer sie gelobt hat. Trotz dem Muskelkater war sie einfach nur glücklich. Dann sind die Schmerzen plötzlich gar nicht mehr so schlimm…..liegt sicher an den Endorphinen und dem tollen Feedback 😉

Klasse, danke für das gute Miteinander.

Sportunterricht in meiner Schulzeit

Mit SportlehrerInnen von diversen Schulen habe ich bereits einschlägige Erfahrungen gemacht…sowohl mit meinen eigenen Lehrerinnen als auch den LehrerInnen meiner Töchter.

Rückblick: Ich war in der 7. Klasse der Gemeinschaftshauptschule in Merten. Meine Sportlehrerin hieß Frau Franke. (Ist euch mal aufgefallen, dass man sich an die LehrerInnen, die man nicht leiden konnte, oft schneller erinnern kann als an die Sympatischen? 😂

Frau Franke machte Sport für Jungs. Die mochte uns Mädels nicht. Wir bluteten und machten dann bei Sport nicht mit……weil wir uns angeblich mimosenhaft anstellten…und Mädels halten ja sowieso nix aus. Misses Muskulös machte also Jungssport. Zirkeltraining gab es als unliebsames Goodie oben drauf. Erstmal drei Runden durch die Halle laufen oder drei Runden Zirkeltraining und dann gab es Volleyball, Hallenhockey, Fußball oder Brennball.

Zirkeltraining hieß: Der Barren stand da und das Seil hing von der Decke. 🥵

Dass ich alle anderen sportlichen Übungen während dem Zirkeltraining meisterte beeindruckte Frau Franke gar nicht. Sie war der Typ „Immer an dem herummeckern was man nicht kann.“ Dass genau das nur 20-30% der Turnübungen waren tangierte sie überhaupt nicht. Dass man ungerecht benotet wird, wenn man in Sport eine vier bekommt obwohl man mehr als 50% geschafft hat…übrigens auch nicht.

Fakt war aber nunmal, dass ich panische Höhenangst hatte. Wenn ich auf dem Barren stand dann bebte das Teil. Mit meinem Fliegengewicht von 45 kg schaffte ich es diesen Barren dazu zu bringen, dass der Boden erzitterte, wenn ich drauf stand. Ich versuchte es, einmal, zweimal…dreimal…..ich konnte das einfach nicht. Jedesmal bekam ich brutales Herzrasen, schweissnasse Hände und rutschte einfach ab…trotz Talkum.

Das Seil hochzuklettern war für mich ebenfalls nicht zu schaffen. Meine Hauptkraft ist in meinen Beinen. Meine Arme waren schon immer zu schwach, um mich an einem Seil aufwärts zu bewegen. Doch ich versuchte es und hing wie ein nasser Sack an dem Seil 😂

Nach einigen Monaten, in denen ich mich durch das Zirkeltraining gequält hatte, war ich es satt. Ich weigerte mich auf den Barren zu steigen. Frau Franke brüllte mich an: „Geh da jetzt rauf.“
“Nein.“
“Wenn du das nicht machst, dann ist das Unterrichtsverweigerung.“
“Mir egal.“
“Du machst jetzt, dass du auf den Barren steigst.“
“Nein, ich habe Höhenangst und möchte als Ersatz eine andere Übung machen.“
“Ich sage dir was du zu tun hast.“
“Okay, dann streike ich!“
Ich setzte mich mitten in die Turnhalle im Schneidersitz auf den Fußboden und streikte. Frau Franke tobte, brüllte, schrie….dann befahl sie vier Jungs aus meiner Klasse mich aus der Halle zu tragen.
Das versuchten die auch. Leider waren die Jungs in Physik echt schlecht. Sonst hätten sie gewusst, das man mit der Gewichtsverlagerung am Schwerpunkt verhindern kann, dass man einfach so weggetragen wurde.
Ergebnis: Die Jungs brachen in Schweiss aus, bekamen mich nicht vom Fleck weg und ich gewann den Streik. Die Sportstunde war zu Ende.
„Dafür bekommst du ein ungenügend“, brüllte Frau Franke.
Ich:“Danke, das habe ich mir verdient.“

Nach dieser Stunde setzte ich mich vor das Sekretariat, verlangte den Schulleiter zu sprechen, erkläre ihm dass ich nachgewiesen Höhenangst hatte….der erlaubt mir daraufhin an Übungen, die meine Höhenangst tangierten nicht teilzunehmen und die Sportlehrerin hasste mich vom Tag an noch mehr. Ich und einige meiner Mitschülerinnen erhielten die Erlaubnis unsere Sportnote mit Tanzen und rhythmischer Gymnastik aufzubessern….unter den feuerspuckenden Blicken unserer Lehrerin.

Hallenhockey war auch so ein Schei….. Jungs lieben es einem beim Hallenhockey den Hockeyschläger gegen die Knöchel zu schlagen, weil sie „aus Versehen“ den Puck nicht getroffen haben. Viermal habe ich mich bei der Lehrerin beschwert, dass die Jungs mir und den anderen Mädels die Beine blau schlugen….vergeblich.
Ich bin nicht so der vergebende Typ, wie ich bereits mal erwähnt habe. Also passte ich den richtigen Moment ab, stellte mich in Position und knallte dem brutalen Spieler den Schläger von hinten so in die Kniekehlen, dass er weinend auf dem Boden zusammenbrach.
Diesmal wurde ich zum Schulleiter geschickt, dem ich den Sachverhalt erklärte und Frau Franke wurde zum Gespräch gebeten.
Ergebnis: Hallenhockey musste jedesmal abgebrochen werden bei unangemessener Brutalität der MitspielerInnen. 😂

Wir hatten immer in den ersten beiden Stunden Sportunterricht. Nachdem mir meine Sportlehrerin zum etlichen Male verächtlich die Entschuldigung wegen meiner Regelblutung abgenommen hatte, brachte sie es dann eines Tages fertig mich zum Sport zu nötigen.
Ergebnis: Ich blutete so durch, dass ich nach Hause geschickt wurde und den Rest des Tages frei hatte.
Danach hatte sich auch dieses Thema zwischen uns erledigt.

In der neunten Klasse machten wir dann eine Abschlussfahrt nach Bayern. Ein Ausflugsziel war eine Bergwanderung. Verächtlich sah mich meine Sportlehrerin unten vor dem Aufstieg an.
„Na mal schauen ob du das bis zur ersten Hütte schaffst.“
Ich grinste innerlich. War klar, dass der Kommentar von ihr kam.
Was sie nicht wusste war, dass ich verdammt gerne wanderte und echt viel Ausdauer hatte. Sportunterricht in Schulen ist ja immer auf Kurzübungen und Schnelligkeit ausgelegt. Das gibt ja überhaupt nicht wider, was man wirklich drauf hat.
Als wir an der ersten Hütte ankamen und dort Erbsensuppe mir Würstchen aßen, war sie noch nie da oder schon wieder weg. Ich hatte echt nicht drauf geachtet. Also wanderten wir in einer kleinen Gruppe fröhlich weiter bis zur zweiten und letzten Hütte oben auf dem Berg.
Runter zu sehen machte mich immer noch wahnsinnig, aber wenn man nach oben schaut ist es halb so schlimm.
Ergebnis: Als meine Sportlehrerin mit ihrer Busenfreundin,meiner Bio-Lehrerin, oben auf der letzten Hütte ankam, sass ich schon da und sonnte mich mit meinen Freundinnen Uschi und Monika. Wir hatten sogar schon einen Kaffee getrunken und Kuchen gegessen als sie ankam.
“Du bist schon hier? Gibt es eine Seilbahn?“
Ich grinste: „Nee, wir gehen noch rauf bis zum Schnee. Lust mitzukommen?“
Weg waren wir. Ihr Gesichtsausdruck „unbezahlbar“.

Was ich daraus gelernt habe: Glaub nie, dass du unfähig bist, wenn dir das jemand sagt. Das ist nur seine/ihre Sicht der Dinge. Auch wenn dir diese Person Noten gibt, sie kann nur einen Ausschnitt deiner Fähigkeiten sehen und nie das ganze Bild.

Sportunterricht an Schulen

Meine Jüngste, die in der Gesamtschule in Bergheim ist, erzählte mir gestern, dass ihr Sportlehrer ihr und einer Klassenkameradin angekündigt hat sie beim nächsten Sportunterricht „fertig zu machen“ was er wohl witzig fand.

Davon mal ganz abgesehen, dass ich die Ausdrucksweise des Sportlehrers echt unterirdisch finde, bin ich der Ansicht dass in unseren Schulen etwas ganz entschieden falsch läuft.

Schulen begreifen sich mehrheitlich nicht als Institutionen in denen Wissen vermittelt wird sondern sie begreifen sich als Erziehungsanstalten von schlecht erzogenen Kindern und Jugendlichen, denen man mal beibringen muss wie es im Leben zu laufen hat. Denn wenn es in Schulen um Wissensvermittlung und die Entwicklung von Fähigkeiten ginge, dann würde man Schüler nicht als fehlfunktionierende Anteile unserer Gesellschaft betrachten, denen man es mal richtig geben sollte, sondern darüber nachdenken wie man Schüler und Schülerinnen motiviert, begeistert und ihnen das Wissen und die Fähigkeiten beibringt.

Ich habe ihm einen Brief geschrieben, in dem ich ihn darauf hingewiesen habe, dass Generationen vor dieser Klasse bereits durch den Sportunterricht, in dem weder Begeisterung noch Freude an der Bewegung vermittelt wurde und immer noch wird, die nächste Generation der bewegungsabgeneigten Erwachsenen produziert wird. So werden dicke, kranke Erwachsene gezüchtet, die keine Freude an der körperlichen Bewegung haben! Sind Schulen und Lehrer*Innen sich dieser Verantwortung und ihrer Fehlleistungen eigentlich bewusst?

Wenn Lehrer*Innen und Schulen nach der Leistung der Wissens- und Fähigkeitenvermittlung bezahlt würden, dann wären viele Lehrer*Innen und Schulen bereits pleite.

Was bitte schön treibt eine Person dazu Lehrer*In zu werden, die solche Aussagen von sich gibt? Ist es die Freude an der Zucht und Bestrafung? Oder wird man Lehrer*In weil man sonst nichts kann?

Ich würde mir wünschen, dass nicht nur Fachwissen in die Befähigungs-betrachtung der Personen, die für Wissens- und Fähigkeitsvermittlung an Schulen verantwortlich sind, berücksichtigt werden, sondern vor allen Dingen die Fähigkeit Menschen zu lehren. Denn für mich und ich denke, da spreche ich sicher für viele Eltern, ist es wesentlich ob ein Mensch seinen Job gut macht. Warum dürfen Lehrer*Innen einen schlechten Job machen und das über Jahrzehnte hinweg ohne dass sie reglementiert werden?

Ich bin ausgebildete Wirtschafterin mit Ausbilderqualifikation und unter meinem Zeugnis stand, dass die Ausbilderqualifikation widerruflich ist. Das heißt, wenn ich etwas falsch mache, dann wird mir die aberkannt. Das hat mich gelehrt sehr umsichtig mit meinen Auszubildenden umzugehen. Warum steht so ein Satz nicht auch unter den Staatsexamen von Lehrer*Innen, damit die sich bewusster werden welche Verantwortung sie gegenüber ihren „Kunden“ haben? Denn wenn Lehrkräfte ihre Schüler*Innen nicht als Gegner sondern als potentielle Kunden betrachten würden, denen sie Fähigkeiten und Kenntnisse beibringen müssten und das so gut wie möglich, dann würde vielleicht ein bisschen weniger selbstgerechte Arroganz in Schulen gelebt.

Übrigens wurden wir auch darauf hingewiesen, dass eine Regelblutung nicht als Entschuldigungsgrund für den Sportunterricht zugelassen wird und das, obwohl inzwischen klar ist, dass Periodenschmerzen so stark wie Wehen sein können.

Nun, wenn meine Tochter dann mitten in der Turnhalle zusammenbricht, wegen der Begleiterscheinung Übelkeit, Durchfall usw. dann wird der Lehrer wahrscheinlich behaupten, dass das alles nur Show ist.

Irgendwann wurde mal behauptet, Sport sei gut bei Regelschmerzen. Ja, das stimmt. Aber nur sanfte Sportarten: Nordic walking, Yoga oder Tai Chi. Diese Zusatzinformation hat man natürlich geflissentlich weggelassen, damit das niemand erfährt und man behaupten kann, Mädchen mit Regelschmerzen suchen nur Ausreden.

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