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Lernen und Lehren

Wie ich meine ersten Lernerfahrungen machte und was dann in der Schule passierte

Eine meiner absoluten Lieblingstrainerinnen war Frau Vera F. Birkenbihl und ich bin froh, dass ich sie noch kennenlernen durfte, bevor sie gestorben ist.

Ihre Bücher habe ich verschlungen und durch ihre Lernmethode mein Wissen in einer unfassbaren Geschwindigkeit erweitert und das ohne Druck, ohne Stress und ohne das ich irgendwen brauchte um etwas zu lernen.

Meine absolute Lieblingsgeschichte ist die Geschichte von George Ravis:

DIE TIERSCHULE von George Reavis (gekürzte Version von Vera F. Birkenbihl)
Einst beschlossen die Tiere eine Schule zu organisieren. Lehrplan Laufen, Klettern und Fliegen. Die Ente war ausgezeichnet im Schwimmen, aber sie konnte beim Fliegen nur gerade eben bestehen und war sehr schlecht im Laufen. Daher musste sie Nachhilfestunden nehmen und Schwimmen ausfallen lassen, um Laufen zu üben bis ihre Schwimmfüße arg mitgenommen waren und sie im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Aber Durchschnitt war akzeptabel in der Schule. Darüber machte sich niemand Sorgen, außer der Ente.
Das Kaninchen begann als Klassenbester im Laufen, hatte aber einen Nervenzusammenbruch wegen der vielen Arbeit, um im Schwimmen aufzuholen.
Das Eichhörnchen war ausgezeichnet im Klettern, bis es in der Flugklasse frustriert wurde. Es bekam einen Muskelkater von der Überanstrengung und erhielt nur eine 4 im Klettern und eine 5 im Laufen.
Der Adler war ein Problemkind und wurde bestraft.
Die Präriehunde ließen ihre Kinder bei dem Dachs ausbilden und vereinigten sich, um eine erfolgreiche Privatschule zu gründen.
Und die Moral dieser Geschichte? Jede Art lernt auf die Art, wie es der Art entspricht und das hängt von der Art ab, wie unser Gehirn arbeitet🙂

Bis ich in die Schule kam, fand ich lernen so einfach….ich verstand überhaupt nicht, was daran schwer sein sollte.

Ich habe mir im Alter von 5 Jahren selbst das Lesen beigebracht. Tag für Tag saß ich neben meinem Vater, beobachtete ihn beim Lesen der Express. Lesen, das schien mir etwas besonders erstrebenswertes zu sein. Mein Vater las Dinge, die ihn von einer Sekunde auf die andere traurig, fröhlich, glücklich und auch wütend machte. Ich sah, wie seine Emotionen unfassbar schnell aufeinander folgten. Er erzählte mir, was er gelesen hatte und diese Zeitung schien ein Wissen zu beinhalten, das ich für mich selbst erobern wollte.

Also fragte ich nach, was er denn da lesen würde. Er fing an mir einzelne Wörter vorzulesen und die schwarzen Zeichen auf dem beigefarbenen Hintergrund nahmen langsam aber sicher in meinem Kopf Gestalt an. Er sagte mir nicht, was die einzelnen Buchstaben bedeuteten. Er las mir ganze Wörter vor und langsam aber sicher saß ich nach einigen Wochen neben ihm und erkannte was er sah.

Und eines schönen Tages saß ich neben ihm und sagte ganz laut: „Das ist ja lustig.“ Er sah auf mich herunter und meinte: „Was denn?“ Ich hatte den Witz auf der Seite gelesen und fand den sehr lustig. Da es ein kurzer Text war, dachte mein Vater das wäre Zufall und ich hätte den Inhalt durch die Zeichnung verstanden. Also legte er mir die Zeitung hin, zeigte auf verschiedene Texte und fragte mich was da stand. Ich fing an die Wörter vorzulesen und mein Vater raste mit der Zeitung in der einen Hand und mir an der anderen Hand durch die Wohnung zu meiner Mutter und sagte: „Petra kann lesen. Hast du ihr das beigebracht?“

Meine Mutter wickelte gerade meinen Bruder, der 5 Jahre jünger war als ich und meinte nur:“ Sie sitzt seit Wochen neben dir während du die Zeitung liest. Das muss sie wohl von selbst gelernt haben.“

Von dem Tag an kaufte ich mir von meinem Taschengeld Bücher. Ich reiste in meinen Gedanken auf diesem Erdball von einem Kontinent zum anderen und erlebte die wunderbarsten Abenteuer, die man sich als Kind vorstellen kann. Pippi Langstrumpf, Pünktchen und Anton, alle Bücher von Jules Verne, Hanni und Nanni usw.

Ich freute mich unfassbar auf den Tag, wenn ich endlich in die Schule gehen und noch viel mehr lernen konnte. Lernen machte soviel Spaß!

Doch das zog sich erstmal ziemlich nach hinten. Ich wurde am 24. Dezember 1966 geboren und bei meiner ersten Einschulungsuntersuchung mit 6 Jahren stellte die Ärztin fest: „Die ist zu klein, kann ja kaum einen Ranzen tragen. Dann muss sie eben noch ein Jahr im Kindergarten bleiben.“

Schön wär es gewesen, wir waren gerade nach Hürth gezogen und alle Kindergartenplätze waren besetzt. Also musste ich ein Jahr zuhause bleiben. In diesem Jahr lernte ich dann noch rechnen, brachte mir selbst stricken bei (ich habe dann spiegelverkehrt gestrickt, weil ich immer meiner Mutter gegenüber saß und sie dabei beobachtet habe). Wenn unsere Eltern mal weg waren, las ich auch noch im Kochbuch meiner Mutter und entschied kochen zu lernen. Das ist bis heute meine zweite Leidenschaft direkt nach lesen. Es war so furchtbar langweilig zu Hause. Fernsehen mochte ich gar nicht so gerne. Also las ich pro Monat ein bis zwei Bücher. Bis zur nächsten Einschulungsuntersuchung.

Seufz….schon wieder die gleiche, unfreundliche Ärztin. Ich wurde gemessen, gewogen, musste einen Hör- und Sehtest machen und wieder meinte die Ärztin ich sei ja gerade mal drei Zentimeter gewachsen und ihrer Meinung nach immer noch zu klein für die Schule.

Das wurde mir hier echt zu bunt. Ich meinte dann nur frei von der Leber weg: „Ich kann aber lesen, schreiben und rechnen.“ Sie sah mich total verdutzt an, legte mir einen Zettel hin und lies mich meinen Namen schreiben. Ich schrieb in Druckbuchstaben, so steht es halt in Büchern, aber absolut fehlerfrei. Sie legte mir ein Buch vor und ich las ihr fließend den Text vor.

„Ach du meine Güte,“ meinte sie und sah meine Mutter an. „Eigentlich müsste Petra in die zweite Klasse gehen, die ist ja viel weiter als die Kinder in ihrem Alter.“

Zack hatte ich die Erlaubnis die Schule zu besuchen. Endlich!!! Was lernte ich daraus: Wenn du was willst, dann musst du dafür kämpfen, sonst wird das nix.

Meine Einschulung war sehr schön. Ich war so aufgeregt, dass ich kaum stillsitzen konnte. Das war alles so spannend. Mit meinem Ranzen, der mit wunderschönen Stiften, Linealen, Spitzer, Radiergummi und mehr gefüllt war und meiner kunterbunten Schultüte – deren süßer Inhalt mich weniger interessierte -betrat ich mit unserer Lehrerin Fräulein Esser unseren Klassenraum und staunte. So schön. Eine Tafel an der einen Wand, die Tische und Stühle standen außen U-förmig und innen waren Tische daneben gestellt damit auch dort die Schüler nach vorne sehen konnte. Der Raum war farbenfroh und bunt eingerichtet und alles war so aufregend.

Ich setzte mich an einen Tisch in der Mitte und zwei Plätze schräg hinter mir saß ein unglücklich aussehendes Mädchen. Während die Lehrerin uns begrüßte und uns erzählte was wir alles lernen werden, brach das unglückliche Mädchen in Tränen aus, pinkelte sich in die Klamotten….was echt übel roch, und schrie so laut, dass sie von ihrem Vater rausgeholt werden musste. Ich verstand echt diesen Aufstand nicht. Sie wurde ja hier nicht gefoltert.

Ich saß da, bekam meine ersten Schulbücher, die ich wie Schätze in meinen Ranzen packte und schaute gebannt auf die Lehrerin. In diesem Augenblick war ich der glücklichste kleine Mensch im Raum und als ich mich umsah, stellte ich fest, das ich wohl auch die Einzige war, die das so empfunden hat. Jedenfalls sahen die anderen aus wie Schweine, die zum Schlachter gebracht werden. Woher ich weiß, wie die aussehen? Nun ich bin bis zum Umzug im Vorgebirge in Merten aufgewachsen. Mit den ganzen Bauernhöfen ringsherum da bekommst du sowas schon mal mit.

Fortsetzung folgt……

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