Wenn einer die Machtfrage stellt,

hat mir zu einem späteren Zeitpunkt in meinem Leben ein sehr kluger Mensch gesagt, dann musst du die immer beantworten.

Ich führte also die Lehrküche im Agnesstift weiter und dann ging Spaß erst richtig los. Die aufmüpfige Auszubildende befolgte keine meiner Anweisungen mehr, ließ regelmäßig das Essen anbrennen. Sie hatte sich so richtig auf mich eingeschossen. Ich war der Feind und musste unter allen Umständen bekämpft werden.

Jedes Mal wenn etwas vorfiel, ging ich mit ihr in den Besprechungsraum, sagte ihr was mir nicht gefällt und bat sie darum, dass sie bitte damit aufhören soll meine Lehrküche zu boykottieren.

Insgesamt führten wir dieses Gespräch dreimal. Ich gebe immer jedem Menschen drei Möglichkeiten mit mir klar zu kommen. Ich erkläre, ich habe Geduld und ich versuche die Situation zu klären. Nach dem dritten Mal war ich es ehrlich gesagt einfach satt.

Ich informierte mich über meine Rechte als Ausbilderin und stellte fest, dass ich die Macht hatte der Auszubildenden die weitere Ausbildung zur Hauswirtschafterin zeitweise zu verweigern.

Also wartete ich auf den nächsten Tag. Das Spiel wiederholte sich und ich zitierte sie wieder ins Besprechungszimmer. Dann sagt ich: „Ich kann nicht erkennen, dass du bereit bist dich in die Gruppe einzufügen und mit uns allen gemeinsam zu arbeiten. Ich sehe, dass dir die Ausbildung bei mir nicht gefällt. Mir gefällt es auch nicht wie du dich mir gegenüber verhältst. Deshalb habe ich mich entschieden dir für drei Monate die Lehrküche und die Ausbildung bei mir zu verweigern. Du kannst deinen Kittel und das Kopftuch ausziehen und gehen.“

Sie sah mich an….völlig geschockt und meinte: „Das können Sie doch nicht machen. Ich bin im zweiten Lehrjahr. Wenn ich das hier verhaue, dann bekomme ich nie wieder eine Ausbildungsmöglichkeit. Sie versauen mir mein Leben.“

Ich antwortete nur: „Ich bin nicht schuld daran, wenn du nicht bereits bist mit mir zu arbeiten. Du kannst gehen und darüber nachdenken, ob du bereit bist weiterhin die Ausbildung zu erhalten oder ob du alles hinschmeißt. Wenn du diese Küche erneut betrittst, dann gelten meine Regeln. Ich verlange nichts Unmenschliches von dir, du sollst dich einfach nur benehmen. Du darfst jetzt gehen.“

Ihr werdet es kaum glauben, aber die anderen Auszubildenden haben mir tatsächlich bestätigt, dass sie das gut fanden. Ich habe nie eine von ihnen vor den anderen angebrüllt, sie nie beleidigt und ich war immer korrekt in meinem Verhalten.

Nach vier Wochen stand die junge Dame vor meiner Lehrküche und klingelte an der Eingangstür, denn bei uns kam man nicht einfach so rein. Ich öffnete die Tür und sie sagte: „Bitte Frau Brenig (mein Mädchenname) ich möchte so gerne wieder in die Lehrküche zurück. Ich werde nie wieder mutwillig was kaputt machen und mit allen gut zusammen arbeiten. Aber bitte, verweigern Sie mir nicht mehr die Ausbildung.“

Ich habe die Tür frei gemacht und gesagt: „Okay, einverstanden. Aber es gibt keine zweite Chance.“

„Ich habe das verstanden“, meinte sie.

Von dem Tag an hatten wir ein echt tolles Miteinander und alles klappte reibungslos.

Warum ich euch das erzähle? Weil ich nur das kritisiere, was ich selbst von mir verlange. Wenn ich etwas anspreche in Schulen und Kindergarten, was mir nicht gefällt, dann nicht um blödsinnig herumzunörgeln. Nein, ich halte es für unabdingbar, dass man sich in einer Gemeinschaft an Spielregeln hält. Spielregeln sind respektvoller Umgang aller Beteiligten. Es geht gar nicht, dass ein Vorgesetzter oder eine Lehrkraft respektlos zu den Auszubildenden oder Schülern ist. Es geht aber auch nicht, dass das umgekehrt passiert.

Ich habe gelernt, dass es doch stimmt: „Wie du in den Wald reinschreist….so kommt es zurück.“ Ich musste nur lernen, dass ich dabei die Qualität der Kommunikation als Vorbild ganz klar bestimme und damit auch das Recht habe, die Regeln vorzugeben.

Ich wünsche euch eine schöne Woche.

Mit 19 Jahren

habe ich als Ausbilderin im Agnesstift, das von Nonnen geleitet wurde, in Bonn als staatl. geprüfte Wirtschafterin mit Ausbilderqualifikation gearbeitet. Das Stift war ein Heim mit vergitterten Fenstern, Ausgangsbeschränkungen uvm.

Ich war recht jung und meine Auszubildenden waren Mädchen im Alter von 17 Jahren, die aus zerrütteten Familien, Drogenkreisen etc. waren. Da ich solche Verhältnisse nicht kannte, bin ich zuerst mal freundlich mit den Mädels umgegangen. Ich wurde so erzogen, dass man mir sagte: „Wie du in den Wald reinschreist, kommt es zurück.“

Ich wurde sehr schnell eines Besseren belehrt. Die Nonne, die die Lehrküche vor mir unter sich hatte, wies mich ein, zeigt mir wo alles war und wie sie die Lehrpläne für die Auszubildenden erstellte. Wir kochten gemeinsam gesamte Gerichte nach Jahreszeit, ich lehre sie alle Zubereitungsformen, wie man den Tisch korrekt deckt, Servietten faltet und vieles mehr.

Leider wurde die Nonne sehr krank und konnte mich nicht, wie geplant 6 Monate einarbeiten. Ich stand also mit 19 Jahren nach knapp 4 Wochen Einarbeitung vor 8 Auszubildenden, die nur 2 Jahre jünger als ich waren und musste sofort Vorbild, Ausbilderin und praktisch Lehrkraft sein.

In den ersten vier Tagen merkten mir die Teenager an, dass ich noch recht unerfahren war. Das Kochen und die Erklärungen beherrschte ich. Was ich nicht beherrschte war, dass man mich hinterging, Vorräte aus dem Vorratsraum stahl und einiges einfach kaputt kochte aus lauter Freude an meiner Verunsicherung. Wir mussten immer eine Wohngruppe mit Mittagessen und Abendessen versorgen. Wenn da was schief ging, dann wurde ich zur Hauswirtschaftsleiterin zitiert und musste Rechenschaft ablegen, warum das wieder nicht geklappt hatte.

Am Freitag der ersten Woche gegen Abend, eine meiner Azubis sollte die Kartoffeln waschen und schälen, denn es gab Bratkartoffeln zum Abendessen, stellte ich fest, dass sie mir mit den gesamten Kartoffelschalen den Ausguss des großen Edelstahlbeckens verstopft hatte. Ich merkte ganz genau, dass es jetzt darum ging wer hier das sagen hat.

Also ging ich zum Hausmeister, besorgte mir Werkzeug und sagte den anderen Auszubildenden, dass sie nach dem Unterricht gehen durften. Aber diese junge Dame musste da bleiben. Ich zeigte ihr, wie man den Ausguss abschraubt und informierte sie darüber, dass sie die Lehrküche erst verlassen durfte, wenn der Ausguss gereinigt und freigängig wr.

Die Gruppenleiterin, natürlich ebenfalls eine Nonne, kam rein und schnauzte mich an, dass die Auszubildende jetzt Feierabend hätte und in die Gruppe müsste und ich sagte ganz einfach: „Sie bleibt hier, bis der Ausguss wieder frei ist. Meine Lehrküche, meine Regeln. Wenn ihnen das nicht gefällt beschweren Sie sich bei der Mutter Oberin.“

Sie ging, niemand kritisierte mich mehr und die Reinigungsaktion dauerte bis 21 Uhr. Danach entließ ich die übermüdete Auszubildende und fuhr noch eine Stunde nach Heppendorf, wo ich ich bei meinem Freund wohnte.

Danach war für diese Woche erstmal geklärt wer hier das sagen hatte. Aber es war noch nicht zuende.

Weiter geht es im nächsten Beitrag 😉

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