Migräne

Wir haben eine höllische Nacht hinter uns. Sarah hat gestern Abend um 22:00 Uhr wieder eine Migräne bekommen. Es beginnt immer gleich. Zuerst blitzt es vor ihren Augen. Dann hat sie Sichtausfälle und muss die Augen schließen, um nicht in Panik zu geraten.

Sie versucht sich abzulenken, spricht mit Freunden auf dem Handy, versucht alles um mit der Situation klar zu kommen. Dann verliert sie die Fassung. Ich muss mich zu ihr setzen, reibe ihre Stirn mit Lavendelöl ein. Ich massiere ihr den Kopf, gebe ihr etwas zu trinken. Ab dem Moment kann ich sie nicht mehr alleine lassen.

Bis drei Uhr heute Morgen war die Migräne so stark, dass sie immer wieder kurz eingeschlafen und wieder aufgewacht ist.

Als um 5:40 Uhr der Wecker geklingelt hat, habe ich ihn nur ausgeschaltet. Sie hatte immer noch Schmerzen, nicht mehr so stark wie heute Nacht, aber stark genug um sie nicht zur Schule zu schicken.

Ich hatte üble Kreislaufprobleme, weil mir die Ruhe der halben Nacht fehlte. Ich habe mich rumgedreht und noch etwas geschlafen.

Danach schrieb ich der Lehrerin, dass Sarah wegen starker Migräne nicht zur Schule kann. Antwort: „Wir brauchen ein Attest, weil die heute die Englischarbeit schreiben.“

Super, toll. Ich habe mir die halbe Nacht um die Ohren gehauen, um meinem Kind zu helfen und bin eh gerädert. Jetzt darf ich meinen halben Arbeitstag damit zubringen den Arzt aufzusuchen um das Attest aufzutreiben. Gut, dass ich selbstständig bin. Den Verdienstausfall zahlt mir niemand. Die fehlenden Stunden kann ich heute Abend, trotz fehlendem Schlaf, nachholen.

Mich wundert es nicht, dass Mütter Schwierigkeiten haben einen Job in unserem Land zu finden. Du musst doch als Mutter ständig verfügbar sein. Ist dein Kind im Kindergarten musst du regelmäßig Verpflichtungen übernehmen wie Essen machen, basteln, Feste organisieren oder Ausflüge begleiten. Zeitgleich wird dir aber auch suggeriert, dass du als Mutter nicht viel wert bist, wenn du nicht auch deine berufliche Karriere im Blick hast. Mütter werden heutzutage doch häufig von berufstätigen Müttern wie Aussätzige behandelt, weil sie „nur“ für ihre Kinder da sind.

Ist dein Kind in der Schule musst du ständig frei machen. Mal haben die Kids aus heiterem Himmel frei. Dann musst du wegen vielfältigen Sachen zum Arzt, zu Schulveranstaltungen etc. Ein minutengenau getakteter Kalender könnte da vielleicht ein wenig Stress rausnehmen.

Als Mutter bist du doch heute ständig von der Erwartungshaltung der Betreuungsformen unter Druck, weil du beweisen musst eine gute Mutter zu sein. Andererseits wird erwartet, dass du deinen Job gut machst und zwischendurch musst du immer wieder unter Beweis stellen, dass du dein Kind nicht als faule Ausrede in der Schule oder Kita entschuldigst.

Ich muss an Fronten kämpfen, die ich mir nicht ausgesucht habe, mit Menschen diskutieren, die glauben zu wissen, wie ich zu funktionieren habe und muss jeden Tag unter Beweis stellen eine gute Mutter zu sein.

Das ist nicht lustig. Und zwischendurch höre ich diese bescheuerte Werbung von der Politik, die da lautet: „Wir fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“ Hahaha….wo bitte schön?

Ich wär schon mal froh, wenn Politik es schaffen würde, die Auseinandersetzung zwischen Erziehern, Lehrern und Eltern zu beenden, in der nur mit gegenseitigen Vorwürfen und Erwartungshaltungen agiert wird, ohne den Vorteil für die Kinder im Blick zu behalten. Denn die sind in dieser Auseinandersetzung die Leidtragenden. Ich möchte gerne zusammenarbeiten mit allen, um das Lernen und die Bildung unserer Kinder zu unterstützen und nicht so gesehen werden, dass ich als Mutter der Erziehung und der Bildung im Weg stehe.

Richtig wütend gemacht hat mich seinerzeit die Diskussion, dass die Betreuung von Kindern noch früher in der Kita vollzogen werden sollte. An den Diskussionsbeiträgen konnte man fast schon ablesen, dass nach Meinung mancher Politiker nur asoziale Jugendliche mit einem Verbrecherlebenslauf aus dem Mutter-Kind-Verhältnis heraus erwachsen würden, wenn man dem nicht früh genug entgegenwirkt.

Wundert mich, dass unsere Generation eigentlich ganz passable Menschen hervor gebracht hat, mit einem guten Bildungsweg und Berufsweg. Wo wir doch fast alle nur Kinder von Hausfrauen und Müttern waren, die nicht zeitgleich unter dem beruflichen Druck und den Herausforderungen der heutigen Zeit gestanden haben.

Lasst uns doch bitte mal mit mehr Verständnis für die Situation der Eltern und Kinder und auch der Sozialpädagog*Innen und Lehrer*Innen aufeinander zugehen und versuchen in diesem Schulssytem einen gangbaren Weg für alle zu finden.

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